Alma Mater Viadrina - Aus der Geschichte der Universität Frankfurt (Oder)

Autor: Dieter Heinrich

(Erstveröffentlichung in GESCHICHTS-REPORT Nr. 48/49)

Mit einer Sondermarke im Prägedruck würdigte die Post 2006 das 500-jährige Bestehen der Universität Frankfurt (Oder). Bei diesem Jubiläum wurde allerdings ein 180 Jahre dauernder "Dornröschenschlaf" mitgezählt: Die VIADRINA ("die an der Oder gelegene") war 1811 durch die preußische Regierung geschlossen worden; die Neugründung erfolgte 1991. Die heutige Europa-Universität, zu der das gemeinsam mit der Adam-Mickiewicz-Universität Posen betriebene Collegium Polonicum im jenseits der Oder gelegenen Slubice gehört, wurde in jüngster Zeit auch im Zusammenhang mit der Kandidatur ihrer Präsidentin (von 1999 bis 2008) Gesine Schwan für das Amt des Bundespräsidenten bekannt.

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Bekannte Persönlichkeiten haben aber auch schon die Gründung der VIADRINA begleitet, an ihr gelehrt oder studiert. Die Gründung der ersten brandenburgischen Landesuniversität geht auf Kurfürst Joachim I. (1454 - 1535) zurück. Bevor dieser aber seine Pläne umsetzen konnte, musste er entsprechend der damaligen Gepflogenheit die Zustimmung der Oberhäupter von Reich und Christenheit einholen. König Maximilian I. - hier auf einer Marke Liechtensteins nach einem Porträt von Bernhard Strigel - betonte in seinem 1500 erlassenen Privileg, das Volk lasse "sich leichter regieren, wenn eine Zahl Rechtsgelehrter vorhanden, die den Weg zum rechten Leben zeigen". Das bereits 1498 erteilte Privileg Papst Alexanders VI. musste vor der Errichtung der Hochschule 1506 von dessen Nachfolger Julius II. bestätigt werden. Beide Kirchenfürsten sind auf Ausgaben des Vatikans verewigt.

Ein kirchliches Motiv schmückt auch die Sondermarke und mehrere Sonderstempel zum Universitätsjubiläum. Es handelt sich um ein historisches Siegelbild, das die gekrönte Madonna mit ihrem Kind auf dem linken Arm zeigt. Dieses Siegel wurde ursprünglich von Dietrich von Bülow, dem Bischof von Lebus, geführt und mit der Umschrift UNIVERSITAS FRANCFORDIA von der Universität bei ihrer Gründung übernommen. Frankfurt ist nicht die einzige Universität, die ein Madonnen-Siegel führt. Schon manche früher gegründete Universitäten wie Paris, Bologna, Wien und Köln bildeten in ihren Siegeln die als "Sitz der Weisheit" geltende Mutter Maria ab. Dietrich von Bülow gehörte neben Joachim I. zu den Initiatoren der Universitätsgründung. Als deren erster Kanzler hatte er maßgeblichen Anteil an der Berufung namhafter humanistischer Gelehrter nach Frankfurt.

Gründungsrektor der am 26.4.1506 mit einem Festakt in der Marienkirche eröffneten Universität war der Humanist und Theologe Konrad Wimpina. Wir finden sein Porträt auf einem Sonderstempel seines Geburtsortes Buchen im Odenwald. Auch der Ehrengast der Gründungsfeier, der berühmte Abt und Gelehrte Johannes Trithemius aus Trittenheim an der Mosel, wurde mit einem Stempel seines Geburtsortes gewürdigt.

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Die Matrikel des Gründungsjahres der Viadrina verzeichnet 933 Studenten. Als einer der ersten schrieb sich im Mai 1506 der aus der Klosterschule Fulda geflohene Ulrich von Hutten ein, der hier bis 1508 studierte und zum Baccalaureus promovierte. 1507 schrieb er sein Loblied auf die Stadt und die Mark "Carmen in laudem Marchiae". Zu seinem in Deutschland-Ost und -West mit Gedenkmarken gewürdigten 500. Geburtstag ehrte ihn Frankfurt mit einem eigenen Sonderstempel.

Den akademischen Grad eines Baccalaureus erwarb auch der 1512 von der Universität Leipzig nach Frankfurt (Oder) gewechselte Thomas Müntzer. Dem "seditiosus" (Aufrührer), wie die Universität später hinter seinem Namenseintrag vermerkte, widmete die DDR-Post mehrere Sonderausgaben.

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