König Rudolf von Habsburg

Autor: Dieter Heinrich

Erweiterte Fassung eines Beitrages für DIE BRIEFMARKE (Wien) Nr. 12/2008

Um seinen Namen ranken sich Sagen und Legenden, alte Chroniken erzählen Anekdoten über ihn, Minnesänger besangen seine Taten, und noch nach Jahrhunderten inspirierte er immer wieder Maler und Bildhauer, Dichter und Schriftsteller: Rudolf von Habsburg gehört zu den populärsten Gestalten unter den deutschen Königen des Mittelalters.

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Man schrieb das Jahr 1273. "Geendigt nach langem, verderblichen Streit war die kaiserlose, die schreckliche Zeit" - so beschreibt Schiller in seiner Ballade "Der Graf von Habsburg" das Ende des Interregnums, als mit Rudolf von Habsburg nach der Zeit der Schatten- und Gegenkönige endlich wieder ein handlungsfähiges Reichsoberhaupt gekürt worden war. Rudolf entstammte einem in der Ostschweiz, im Elsass und Breisgau begüterten Grafengeschlecht, das sich nach der im Aargau gelegenen Habsburg (Habichtsburg) nannte. Ein Schweizer Ortswerbestempel zeigt die Konturen dieses schlichten, um 1020 errichteten Kastells.

Wie schon sein Vater, war Rudolf von Habsburg ein treuer Gefolgsmann der Staufer. Kaiser Friedrich II. soll sein Pate gewesen sein. Noch dem letzten Staufer Konradin gab er auf seinem Italienzug bis Verona das Geleit. Nach der Wahl in Frankfurt und der Krönung in Aachen ritt Rudolf nach Basel, wo er zuvor mit dem Bischof in Fehde gelegen hatte und nun als König begeistert begrüßt wurde.

Ein auf einer Marke Nordkoreas wiedergegebenes Gemälde von Franz Pforr zeigt Rudolfs Einzug in die Stadt. Den Städten gehörte ohnehin seine Sympathie; als nüchterner Politiker erkannte er deren wachsende Bedeutung. So berief er zur Beratung über die Reichsfinanzen erstmals Vertreter der Städte in die Reichstagsgremien. Städte waren seine wichtigsten Aufenthaltsorte; hier stellte der "Reisekönig" Urkunden aus, schlichtete Streitfälle und sprach Recht.

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Vielen Städten verlieh der Habsburg Rechte und Privilegien; Beispiele dafür belegen Sonderstempel mit Rudolfs Bildnis aus Wolfstein und Germersheim. Mit einer Wappenmarke würdigte die Bundespost das Jubiläum der Stadtrechtsverleihung an die sechs einst kurtrierischen Städte Mayen, Welschbillig, Bernkastel, Montabaur, Wittlich und Saarburg im Jahre 1291. Dem österreichischen Tulln verlieh Rudolf I., wie er als deutscher König in die Geschichte einging, 1286 das auch auf einer Sondermarke abgebildete, von seiner Initiale "R" gekrönte Stadtwappen.

"Unter der Regierung Rudolfs herrschte in allen Teilen Deutschlands ein so starker Frieden, wie er in diesem Land bisher niemals erreicht wurde." Auch wenn diese Feststellung eines Straßburger Chronisten relativ gesehen werden muss, sind Rudolfs Verdienste um die Sicherung des Landfriedens unstrittig. Friedensbedrohende Burgen ließ der König niederreißen; dem ausufernden Raubrittertum trat der volkstümliche, von keinerlei Standesrücksichten geplagte Herrscher unnachsichtig entgegen. "29 adlige Räuber", berichtet eine Chronik von 1289, "wurden gen Erffurdt gebracht: da hielt der Kayser Rudolpho das Gericht zu St. Thomä und ließ ihnen allen die Häupter abschlagen vor der Stadt". Allein während seines Aufenthalts in Thüringen 1289/90 wurden nicht weniger als 66 Raubnester zerstört.

Zu den vordringlichsten Aufgaben des neuen Königs gehörte es, die in den Jahren des Interregnums verschleuderten oder usurpierten Güter und Rechte des Reiches wieder einzuziehen. Mit der ihm eigenen Tatkraft errang er dabei beachtliche Erfolge. Den größten Brocken aber - Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain – hatte Ottokar von Böhmen an sich gerissen, jener Kurfürst, der als einziger Rudolfs Wahl boykottiert hatte. Eine vom Nürnberger Reichstag 1274 gesetzte Frist, binnen Jahr und Tag die annektierten Gebiete herauszugeben, ignorierte der von überzogenem Selbstwertgefühl strotzende "rex aureus". Rudolfs Antwort war die Ausrufung des Reichskrieges. Einer seiner Waffengefährten in diesem Feldzug war der Minnesänger Konrad von Hohenburg, genannt "der Püller". 

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Angesichts der Stärke des Reichsheeres musste Ottokar klein beigeben. Auf einer Donauinsel bei Wien unterwarf er sich Rudolf, tat Verzicht auf die Herzogtümer, wurde aber erneut mit Böhmen und der Markgrafschaft Mähren belehnt. "Mit gebeugtem Sinn und gekrümmten Knien", so ein zeitgenössischer Bericht, habe der herrisch, in prunkvoll geschmückten Gewändern auftretende Böhmenkönig von dem im grauen Wams auf einem Dreifuß sitzenden Rudolf die Reichslehen empfangen – eine Begegnung, die Franz Grillparzer zu einer Schlüsselszene seines Schauspiels "König Ottokars Glück und Ende" ausgestaltete.

Der Böhme war nicht gesinnt, den geschlossenen Vertrag einzuhalten, und baute eine Widerstandsfront auf. So kam es 1278 zur kriegerischen Auseinandersetzung. In der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen gelang es dem taktisch geschickt agierenden Habsburg, das zahlenmäßig überlegene Heer seines Widersachers vernichtend zu schlagen. Die beiden Könige fochten in vorderster Front mit, trafen aber nicht – wie symbolisch auf der österreichischen Gedenkmarke dargestellt – persönlich aufeinander.

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Er nahm Ottokar kam im Kampfgetümmel ums Leben. Rudolf blieb vier Jahre in Wien und bereitete mit Zähigkeit und politischem Geschick die Belehnung seiner Söhne mit den von Ottokar zurück gewonnenen Reichsländern vor. Auf dem Augsburger Reichstag 1282 wurde dieser Lehnsakt offiziell bestätigt. Damit legte Rudolf I. den Grundstein für die mehr als sechs Jahrhunderte währende Landesherrschaft der Habsburger in Österreich und bereitete den Aufstieg seines Geschlechts zu einer Dynastie deutscher Könige und Kaiser vor, die von 1438 mit nur einer Unterbrechung bis 1806 das Reich regieren sollte. Philatelistisch belegen lässt sich der Name dieser Dynastie unter anderem mit einem Schiffspoststempel der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft und Stempeln des Postamtes Wien-Habsburggasse.

Die Kaiserwürde erlangte Rudolf von Habsburg nie, obwohl er oft so genannt wurde. Einen Romzug hatte er zwar mehrfach geplant, aber immer wieder verschoben, und das Personalkarussell auf dem Stuhle Petri (in seiner Regierungszeit hatte Rudolf acht Päpste als Gegenspieler) war der Sache auch nicht förderlich.

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Rudolf I., der erst mit 55 Jahren – für damalige Verhältnisse schon ein hohes Alter – zur Regierung gelangt war und dem ab 1286 der spätere Mainzer Erzbischof und "Königsmacher" Peter von Aspelt als Leibarzt diente, wurde 73 Jahre alt. Als er sein Ende nahen fühlte, ritt er von Germersheim nach Speyer, das er im Morgengrauen des 15. Juli 1291 erreichte. Am gleichen Tage ist er dort gestorben. In der Ballade "Kaiser Rudolfs Ritt zu Grabe" hat Justinus Kerner diese letzten Stunden im Leben des Mannes besungen, der der deutschen Krone wieder zu Ansehen und Würde verhalf.

Seinem letzten Wunsch entsprechend wurde Rudolf I. im Kaiserdom zu Speyer beigesetzt. Seinem Grabrelief, das der Jedenspeigener Sonderstempel nur unvollkommen wiedergeben kann, verdanken wir das erste lebensnahe Bildnis eines mittelalterlichen Herrschers. "Unvergesslich" - so beschreibt Ricarda Huch ihren Eindruck - "prägt sich das lange, ernste, sorgenvolle und höchst würdevolle Kaisergesicht ein".

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Als tatkräftiger, gerechter und leutseliger König ist Rudolf von Habsburg im Volke lebendig geblieben. Seine Taten besangen schon Zeitgenossen wie Heinrich von Meißen (genannt Frauenlob) und Konrad von Würzburg, Und auch in der Nachwelt haben sich immer wieder Dichter und Schriftsteller wie Friedrich von Schiller, Franz Grillparzer, Justinus Kerner und Ricarda Huch literarisch mit dieser großen Persönlichkeit unserer Geschichte auseinandergesetzt.

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